Unterschiede zwischen Heilpraktiker, Physiotherapeut, Arzt – Wer darf was?

In Deutschland gibt es im Gesundheitswesen verschiedene Berufsgruppen wie Ärzte, Heilpraktiker, Physiotherapeuten und Osteopathen, die sich in Ausbildung, Befugnissen und Tätigkeitsfeldern unterscheiden. Dieser Artikel beleuchtet die Unterschiede zwischen diesen Berufen und geht insbesondere auf die Rolle der Osteopathie ein.

Ausbildung und Qualifikation

Arzt (Mediziner): Ein Arzt absolviert ein Studium der Humanmedizin, das in der Regel sechs Jahre dauert und mit dem Staatsexamen abschließt. Anschließend folgt eine mehrjährige Facharztausbildung. Nach erfolgreichem Abschluss erhält der Arzt die Approbation, die zur uneingeschränkten Ausübung der Heilkunde berechtigt.

Heilpraktiker: Heilpraktiker ist kein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf, und die Ausbildung selbst ist nicht gesetzlich geregelt. Die Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“ ist jedoch geschützt und staatlich anerkannt. Um als Heilpraktiker tätig zu werden, muss eine amtsärztliche Überprüfung bestanden werden, die die Befähigung zur eigenverantwortlichen Ausübung der Heilkunde bestätigt.

Physiotherapeut: Die Ausbildung zum Physiotherapeuten erfolgt an speziellen Schulen und dauert drei Jahre. Sie schließt mit einer staatlichen Prüfung ab. Physiotherapeuten sind darauf spezialisiert, Bewegungsstörungen zu behandeln und die körperliche Funktionsfähigkeit ihrer Patienten zu verbessern. Ihre Ausbildung befähigt sie jedoch nicht zur eigenständigen Diagnosestellung oder Behandlung ohne ärztliche Verordnung.

Osteopath: Die Osteopathie-Ausbildung ist in Deutschland nicht einheitlich geregelt. Sie wird häufig als berufsbegleitende Weiterbildung für Ärzte, Heilpraktiker und Physiotherapeuten angeboten. Ein guter Therapeut sollte eine mindestens fünfjährige Ausbildung mit 1.300 Unterrichtsstunden erfolgreich absolviert haben und Arzt oder Heilpraktiker sein.

Tätigkeitsfelder und Befugnisse

Arzt: Ärzte haben das umfassendste Tätigkeitsfeld. Sie dürfen Diagnosen stellen, Behandlungen durchführen, Medikamente verschreiben und operative Eingriffe vornehmen. Ihre Tätigkeit erstreckt sich über alle Bereiche der Medizin.

Heilpraktiker: Heilpraktiker dürfen eigenständig Diagnosen stellen und Behandlungen durchführen. Allerdings sind ihnen bestimmte Tätigkeiten untersagt, wie beispielsweise die Behandlung meldepflichtiger Infektionskrankheiten oder die Verschreibung verschreibungspflichtiger Medikamente. Ihre Methoden stammen häufig aus dem Bereich der Naturheilkunde.

Physiotherapeut: Physiotherapeuten arbeiten in der Regel auf ärztliche Anweisung. Sie führen physiotherapeutische Maßnahmen durch, dürfen jedoch keine eigenständigen Diagnosen stellen oder Medikamente verschreiben. Ihr Fokus liegt auf der Rehabilitation und Prävention von Bewegungsstörungen.

Osteopath: Die Osteopathie wird in Deutschland als Heilkunde angesehen. Daher dürfen osteopathische Behandlungen nur von Ärzten oder Heilpraktikern durchgeführt werden. Physiotherapeuten ohne entsprechende Heilpraktikererlaubnis ist die eigenständige Ausübung der Osteopathie nicht gestattet.

Rechtliche Besonderheiten

Sektoraler Heilpraktiker für Physiotherapie: In Deutschland besteht die Möglichkeit, eine auf den Bereich der Physiotherapie beschränkte Heilpraktikererlaubnis zu erwerben. Mit dieser Erlaubnis können Physiotherapeuten ohne ärztliche Verordnung eigenständig Diagnosen stellen und Behandlungen durchführen. Allerdings ist ihr Tätigkeitsfeld weiterhin auf physiotherapeutische Maßnahmen beschränkt.

Osteopathie: Wie bereits erwähnt, darf Osteopathie nur von Ärzten oder Heilpraktikern ausgeübt werden. Physiotherapeuten benötigen hierfür eine zusätzliche Heilpraktikererlaubnis. Die Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers kann den Tätigkeitsbereich des Physiotherapeuten nicht um die Osteopathie erweitern.

Abrechnung und Versicherungen

Arzt: Ärztliche Leistungen können über die gesetzlichen und privaten Krankenkassen abgerechnet werden.

Heilpraktiker: Die Kosten für Behandlungen durch Heilpraktiker werden von den gesetzlichen Krankenkassen in der Regel nicht übernommen. Einige private Krankenversicherungen erstatten jedoch bestimmte Leistungen.

Physiotherapeut: Physiotherapeutische Behandlungen werden von den Krankenkassen übernommen, sofern sie ärztlich verordnet wurden. Bei Behandlungen ohne ärztliche Verordnung, beispielsweise durch sektorale Heilpraktiker für Physiotherapie, erfolgt die Abrechnung in der Regel direkt mit dem Patienten.

Osteopath: Da Osteopathie als Heilkunde gilt, werden osteopathische Behandlungen nur dann von den Krankenkassen erstattet, wenn sie von einem Arzt oder Heilpraktiker durchgeführt werden. Physiotherapeuten ohne Heilpraktikererlaubnis können osteopathische Leistungen nicht über die Krankenkassen abrechnen.

Tätigkeit Arzt Heilpraktiker Physiotherapeut
Diagnosen stellen ✅ uneingeschränkt ✅ erlaubt ❌ nur im Rahmen ärztlicher Vorgabe
Medikamente verschreiben
Spritzen/Injektionen setzen ✅ (mit Einschränkungen)
Osteopathie ausüben ❌ (nur mit HP-Zulassung)
Krankenkassen abrechnen ✅ (GKV & PKV) ❌ (nur teilweise PKV) ✅ (mit Verordnung)
Patienten ohne Verordnung behandeln ❌ (außer als sektoraler HP)
Meldepflichtige Erkrankungen behandeln

Wie ist das bei Osteopath:innen?

Die Osteopathie zählt in Deutschland rechtlich zur Ausübung der Heilkunde – unabhängig davon, ob sie schulmedizinisch oder alternativmedizinisch betrieben wird.

Das bedeutet:

  • Nur Ärzte und Heilpraktiker dürfen osteopathische Behandlungen eigenverantwortlich durchführen.

  • Wer ausschließlich „Osteopath“ ist – ohne Approbation oder Heilpraktikererlaubnis – darf rechtlich nicht behandeln, selbst wenn die Ausbildung hochwertig ist.

  • Physiotherapeuten benötigen eine zusätzliche Heilpraktikererlaubnis, um osteopathisch arbeiten zu dürfen – selbst wenn sie in Osteopathie ausgebildet wurden.

  • Eine Mitgliedschaft in einem Berufsverband oder Zertifikate allein berechtigen nicht zur Ausübung der Osteopathie.

  • Die Krankenkassen übernehmen osteopathische Behandlungen nur, wenn sie durch einen Arzt oder Heilpraktiker mit entsprechender Qualifikation durchgeführt werden.

Kurz gesagt:
Wer in Deutschland Osteopathie ausüben will, muss zusätzlich Heilpraktiker oder Arzt sein – andernfalls ist die Behandlung rechtlich untersagt.

Hintergrund: Warum ist das so streng geregelt?

Die Ausübung der Heilkunde ist in Deutschland durch das Heilpraktikergesetz (1939) und die ärztliche Approbationsordnung geregelt. Die Osteopathie fällt unter „Heilkunde“, weil sie diagnostische und therapeutische Maßnahmen am Menschen umfasst – und damit ein hohes Maß an medizinischem Verständnis und Verantwortung verlangt.

Ein Zitat dazu von der Bundesärztekammer:

„Wer die Osteopathie ausübt, betreibt Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes – unabhängig von der Bezeichnung seiner Tätigkeit.“
(Bundesärztekammer / Urteil OVG NRW 2014)

Fazit

Die Berufe Arzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut und Osteopath unterscheiden sich nicht nur in Ausbildungsdauer und Hintergrund, sondern vor allem in ihren gesetzlich erlaubten Tätigkeiten. Während Ärzte die umfassendsten Befugnisse besitzen, sind die Tätigkeitsfelder von Heilpraktikern und Physiotherapeuten spezifischer und unterliegen bestimmten Einschränkungen. Die Osteopathie nimmt eine besondere Stellung ein, da sie als Heilkunde gilt und daher nur von Ärzten oder Heilpraktikern ausgeübt werden darf. Wer Osteopathie ausüben möchte, muss Arzt oder Heilpraktiker sein – unabhängig davon, wie fundiert die osteopathische Ausbildung ist.

Für Patient:innen und Auszubildende gilt daher:
Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen ist entscheidend, um seriös zu behandeln oder behandelt zu werden – und um langfristig rechtlich sicher im Beruf zu stehen.